Statement für Wissenschaftsfreiheit und gegen politische Exmatrikulationen
22.07.2024
Statement für Wissenschaftsfreiheit und gegen politische Exmatrikulationen
Als Studierendenvertretung der LMU sehen wir der aktuellen Lage um die Hochschulautonomie und Wissenschaftsfreiheit mit Sorge entgegen und möchten ein klares Zeichen gegen Angriffe auf Grundprinzipien der Universität setzen. Im folgenden Statement werden wir deswegen auf drei Themenfelder eingehen, in denen wir die Wissenschaftsfreiheit und das Grundrecht der Studierenden auf freie Meinungsäußerung beeinträchtigt sehen. Wir gehen dabei zunächst auf die sogenannte "Fördergeld-Affäre" des Bildungsministeriums, dann auf das am 17.07.24 beschlossene bayerische Kooperationsgebot und anschließend auf die Problematik der Exmatrikulation von Studierenden aus politischen Gründen ein.
Erst kürzlich wurde durch Recherchen des Norddeutschen Rundfunks bekannt, dass das Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF), unter der Leitung von der Ministerin Bettina Stark Watzinger (FDP), in Erwägung zog, Projektmittel für Wissenschaftler:innen aus politischen Gründen zu kürzen. Diese hatten sich in einem offenen Brief gegen die polizeiliche Räumung eines pro-palästinensischen Protestcamps an der Freien Universität in Berlin ausgesprochen. [1] Ihr zentrales Anliegen war der Erhalt der freien Meinungsäußerung ihrer Studierenden. [2] Als Studierendenvertretung der LMU unterstützen wir die Initiative von tausenden Wissenschaftler:innen gegen dieses Vorgehen und betonen insbesondere folgende Aussage: "Der Entzug von Fördermitteln ad personam aufgrund von politischen Äußerungen der betreffenden Forscher:innen ist grundgesetzwidrig: ‘Lehre und Forschung sind frei.’" [3]
Frau Stark-Watzinger (FDP) implizierte zuvor, dass die Unterzeichner:innen des offenen Briefs von Lehrenden an Berliner Universitäten nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden und sich mit dessen Unterzeichnung antisemitisch verhalten würden - eine Aussage, die sie bis heute nicht richtig gestellt hat. [4] [5]
Frau Stark-Watzingers Handeln entspricht nicht ihrem Amt in der demokratischen Struktur, die sie vertreten sollte. Wir fordern dabei angemessene Konsequenzen für ein derartiges Verhalten.
Genauso sprechen wir uns gegen das am 17.07.24 beschlossene Kooperationsgebot der bayerischen Staatsregierung [6] aus, das eine Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und den Universitäten vorschreibt und somit eine Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit darstellt. Auch hier muss die Unabhängigkeit der Forschung geschützt werden. Dafür müssen Zivilklauseln eingeführt werden und die Ausrichtung von Forschung in der Hand der Forschenden bleiben und nicht in die Kontrolle von Staat und Militär gelangen. Forschung und Lehre sind frei und dürfen nicht von staatlichen Institutionen beeinflusst werden. Dazu zitieren wir nochmal aus dem oben genannten Statement der Wissenschaftler:innen: "Die Freiheit der Wissenschaft schützt davor, dass der Staat über Wahrheiten autoritativ entscheidet, und ist damit Grundbedingung einer pluralen Gesellschaft." [7]
Im Zuge dessen sprechen wir uns zusätzlich gegen das von der bayerischen Staatsregierung geplante Vorhaben aus, das Exmatrikulationen aus politischen Gründen möglich machen will. [8] Es ist zu befürchten, dass eine solche Regelung die grundgesetzlich verankerte freie Meinungsäußerung von Studierenden beeinträchtigt. Überschreitungen der Legalitätsgrenzen der Meinungsäußerung sollten durch Gerichte geklärt werden, und nicht durch die Hochschulen oder politische Akteure, die Druck auf die Hochschulen ausüben. [9] Die Exmatrikulation von Studierenden „ohne strafrechtliches Verfahren“ [10] ist kein nachhaltiges Vorgehen gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen diskriminierender Gewalt. Vielmehr sollten Prävention, Bildung, konsequente Aufarbeitung [11] und gegenseitige Kontrolle der intrauniversitären Instanzen im Vordergrund stehen.
Die Studierendenvertretung fordert von der Hochschulleitung und der Regierung, die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit in allen drei Punkten weiterhin zu gewährleisten. Wir appellieren an die verantwortlichen Akteure, diese Grundrechte zu respektieren und von Maßnahmen abzusehen, die die Unabhängigkeit und Integrität der Wissenschaft gefährden.
Quelle 5:
https://fragdenstaat.de/dokumente/248126-pruefbitte-bmbf-offener-brief/ (Seite 2/132)
Quelle 6:
https://www.bayern.de/wp-content/uploads/2024/02/Entwurf-Gesetz-zur-Foerderung-der-Bundeswehr.pdf
Quelle 7:
https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfVy2D5Xy_DMiaMx2TsE7YediR6qifxoLDP1zIjKzEl9t1LWw/viewform
Quelle 9:
https://www.fzs.de/2024/05/13/positionierung-zum-ordnungsrecht-an-hochschulen-2/
Quelle 11:
https://astafu.de/node/600